#6 Bürokratische Hürden
In den letzten Wochen ist ziemlich viel passiert, mittlerweile ist mein neuer Alltag eingekehrt. Zuerst musste ich meine Social Security Nummer beantragen, dies kann man aktuell (natürlich wegen Corona) nur mit einem Termin machen, den man frühestens 14 Tage nach Einreise in den USA bekommt. Die Social Security Nummer ist die wichtigste Nummer überhaupt, die man bei einem längeren USA Aufenthalt benötigt. Nach mehreren Versuchen und Anrufen, hatte ich endlich einen Termin bekommen. In der Zwischenzeit wollte ich probieren ein Bankkonto zu eröffnen. Dazu waren wir bei verschiedenen Banken, die uns abwiesen und sagten, wir sollen auf die SSN warten, man bekomme die auch schon bei der Antragstellung mitgeteilt und müsse nicht auf die Karte warten.
Wir haben dann aber doch eine Bank gefunden, die ein kostenloses Konto ohne SSN erstellt. Dafür brauchen sie aber mehrere Dokumente, die Nachweisen, dass ich wirklich an der Adresse wohne – ist natürlich schwierig, wenn man erst ein paar Tage da ist. Außerdem wollten sie noch meinen Studentenausweis sehen, den ich natürlich erst bekommen kann, nachdem ich mich für die Kurse registriert habe. Für die Kurse konnte ich mich aber erst registrieren, wenn alle anderen Dokumente genehmigt sind. Nach mehreren Wochen konnte ich dann endlich mein Bankkonto eröffnen.
Wer länger als 30 Tage in Georgia ist, benötigt eine Georgia Driver’s License. Dafür muss man einen Knowledge Test, Sign Test und einen Road Test ablegen. Für diesen habe ich die ersten Wochen geübt und den Test Anfang September abgelegt. Für die Fahrprüfung braucht man aktuell einen Termin, diese waren in meiner Region jedoch bis Ende Oktober ausgebucht, ich wusste aber, dass ich den Führerschein so schnell wie möglich machen muss, da ich sonst nicht mehr mit meinem Internationalen Führerschein fahren konnte – und das geht ja nicht, weil ich ohne Auto nirgendwo hinkomme. Um die Prüfung abzulegen, muss man aber erstmal seine Social Security Card bekommen und die lies auf sich warten. Wir haben also alle Prüfstellen in Georgia abgeklappert und endlich einen früheren Termin bekommen, der war allerdings 2 Stunden entfernt in den North Georgia Mountains. Da meinen Hosts kein Weg zu weit für mich ist, machten wir uns also am Tag des Termins auf den Weg nach Blue Ridge, wir hatten extra eine Stunde mehr eingeplant, um pünktlich zu sein (und naja weil Sara und Alan immer spät dran sind). 20 Minuten vor geplanter Ankunft gerieten wir aber in einen Stau, es bewegte sich nichts mehr, es gab keine alternative Route und so warteten wir eine Ewigkeit. Mit der vorangeschrittenen Zeit im Blick wusste ich, dass es immer knapper wird den Termin wahrzunehmen, ich rief bei der Prüfstelle an und nachdem ich eine halbe Stunde in der Warteschleife war, sagte mir die Frau (im Homeoffice), dass sie auch nicht wüsste ob ich den Termin verschieben kann oder trotzdem noch rankommen würde – und natürlich könne sie niemandem vor Ort Bescheid geben. Nach über einer Stunde stillstand hatte ich versucht einen anderen Termin in einem anderen Ort zu buchen, wir wollten aber trotzdem noch nach Blue Ridge fahren und es wenigstens versuchen. Mit sehr viel Verspätung dort angekommen, wurde ich dort ganz locker Empfangen und nach kurzer Wartezeit durfte ich tatsächlich noch meinen Test antreten – In den Bergen, weit weg von größeren Städten sind die Menschen super locker. Der Test bestand aus verschiedenen Parkübungen, Rückwärtsfahren und 10 Minuten im Ort umherfahren – also alles machbar. In den USA wird man in seinem eigenen Auto geprüft, ich musste mir also wieder ein Auto meiner Hosts leihen und diesmal wurde es der Van, nicht ganz so spaßig einzuparken aber es hat alles geklappt!
In der Zwischenzeit haben wir schon angefangen nach Autos zu schauen, es waren wirklich viele Fahrzeuge in schlechtem Zustand. Nicht gereinigt, Dellen, Kratzer, Lack ab oder komplett fehlende Teile. Bei einem qualmte es aus der Motorhaube, bei anderen war die Batterie leer. Einen Tüv gibt es hier nicht. Die Autosuche erstreckte sich über mehrere Wochen und war ganz und gar nicht einfach. Viele Händler kamen einfach nicht zum verabredeten Termin und die allermeisten Händler verkauften Autos nur als Nebenverdienst und konnten nichts zu den Fahrzeugen sagen. Gleich zwei Autos, die ich kaufen wollte, wurden mir vor der Nase weggeschnappt. Aktuell sind die Preise für Gebrauchtwagen gestiegen und die Nachfrage ist hoch. Nach 7 Wochen war es dann endlich soweit – ich habe das passende Auto für mich gefunden. Entgegen meiner Pläne es zu einer Werkstatt zu bringen und eine Nacht drüber zu schlafen, gab ich dem privaten Verkäufer Bargeld und fuhr das Auto direkt nach Hause, der nächste Interessent wartete nämlich schon. Nochmal wollte ich es nicht riskieren.
Wenn ihr nun glaubt die bürokratischen Hürden wären vorbei, dann liegt ihr falsch. Jetzt ging es erst richtig los. Das Auto verbrachte nun eine Woche in der Garage. Um in Georgia ein Auto anzumelden, benötigt man so einiges an Papierkram. Als erstes eine Versicherung – diese machten mir Angebote für 300 – 400 $ monatl.!! Nach mehreren Telefonaten, besuchen bei Versicherungsbüros und Vergleichsportalen habe ich ein Angebot für 166 $ monatl. bekommen. Mein deutscher und internationaler Führerschein und die Fahrerfahrung werden hier nicht anerkannt, man hat einen schlechten Credit Score und gilt als Fahranfänger. Nachdem ich alle anderen Dokumente zusammen hatte, fuhr ich zur Zulassungsstelle und nach 2 Stunden Wartezeit sagte man mir, der Versicherungsnachweis zähle nicht und im System ist auch nichts zu finden. Wenigstens konnte ich schon meinen neuen „Title“ beantragen und die Steuer bezahlen. Die Versicherung war der Meinung das alles stimmte und gab mir ein weiteres Schreiben. Am nächsten Tag versuchte ich es nochmal und tatsächlich klappte nun endlich alles – mein Kennzeichen wurde mir direkt mitgegeben und somit kann ich nun nach fast 2 Monaten hier mein eigenes Auto fahren. Juhuuu!
Die USA, insbesondere Georgia haben es mir echt nicht einfach gemacht, alles ist miteinander verkettet und ohne dieses geht jenes nicht. Aber sehen wir es mal positiv – mir wurde definitiv nicht langweilig!