Das ich mir in den USA ein Auto kaufen werde, war von Anfang an eine klare Sache und auch eine der Programmvoraussetzungen. Die Frage war nur, welche Marke und welches Modell?

Ich wollte auf jeden Fall nicht, dass man anhand meines Autos erkennt, das ich „die Deutsche“ bin. Mein erster Gedanke ging also in die Richtung riesen großer Pickup oder noch besser, ein mega aufgeblasener SUV. Am besten sowas wie ein GMC, Cadillac, Subaru oder Jeep. Wenn ich über die Parkplätze vom Concord Campus schaue, sieht man nämlich fast nur riesige Autos. Aufgrund des aktuellen Rohstoffmangels, um für neue Autos die erforderlichen Chips zu produzieren, sind in den USA seit letztem Jahr die Preise für Fahrzeuge rapide gestiegen. Das habe ich dann auch in mein Budget mit eingeplant und war somit gewillt, anstatt $4.000 auch $5.000 auszugeben, wenn es denn ein gutes, verlässliches Auto ist.

Dank Nancy hatten Yara und ich die Möglichkeit, mit einem ehemaligen Concord Professor, der eigentlich seine Rente genießt, und seiner Frau, die ebenfalls mal Professorin bei Concord war, auf Autojagd zu gehen. Er empfahl mir, eher auf Honda und generell kleinere Autos zu schauen, aber vor allem auf den Kraftstoffverbrauch. Also haben wir unser Zeug zusammen gepackt, sind erst seine Frau abholen (sie leben nämlich beide mitten im tiefsten Wald) und dann nach Virginia, genauer gesagt nach Blacksburg und Christiansburg, gedüst. Auf der etwa einstündigen Fahrt haben wir uns gut mit seiner Frau unterhalten, hauptsächlich über die Tiere die in West Virginia leben. Vor allem hat mich überrascht, das sie, aufgrund ihrer häuslichen Lage mitten im Wald, schon einmal Besuch von einem Bären hatten. Der hatte jedoch dann Angst nachdem man ihn beim Stalking erwischt hatte und hat dann das Weite gesucht.

Die Gebrauchtwagenmeile

Das gute an Virginia: Dort ist alles etwas billiger. Angefangen bei den Benzinpreisen. Aber auch die Autos sollen dort günstiger sein. Zwischen Christiansburg und Blacksburg ist eine Straße, an der es einen Autohändler nach dem anderen gibt. Da wir den ganzen Tag Zeit hatten, sind wir fast zu jedem hingefahren. Wir haben uns verschiedene Modelle von Gebrauchtwagen angesehen, aber entweder waren diese zu sehr beschädigt, oder weit über meinem Budget. Wir fuhren von Händler zu Händler. Viele hatten gar keine Gebrauchten. Wir haben sogar bei einem Händler gestoppt, der nur europäische Modelle führt wie Porsche, BMW oder Mercedes. Diese wären aber in der Instandhaltung viel zu teuer gewesen. Außerdem wollte ich ja so amerikanisch wie möglich sein, also kommt ein BMW nicht in Frage.

Dann haben wir bei einem seltsamen Händler angehalten. Wir wurden sogleich von einem Inder begrüßt und er zeigte uns seine Autos. Das ganze sah eher wie eine Hinterhoffirma aus als ein seriöses Geschäft. Bis er uns einen Subaru zeigte, der von außen vielversprechend aussah. Während der Testfahrt machte er jedoch seltsame Geräusche beim lenken. Mir war das dann zu suspekt. Also sind wir weiter gefahren. Nach einer halben Ewigkeit haben wir dann noch bei einem letzten Händler gehalten. Dieser hatte zwar geschlossen, aber hatte ein paar Fahrzeuge in meinem Budget vorhanden. Wir beschlossen, noch einmal zurück zu fahren, wenn er wieder aufmachen sollte.

Facebooksuche zum Erfolg

So ganz zufrieden war ich mit dem Ergebnis ohne Auto zurück zu sein nicht. Angie und ich haben dann angefangen auf Facebook nach Autos zu suchen. Nach ein paar Tagen hatte sie dann in Princeton einen weißen Jeep gefunden, der für $3.500 gar nicht mal so schlecht aussah. Als wir dann hingefahren sind stellte sich heraus, das der Jeep sehr schlecht mit weißer Sprühfarbe lackiert war, dringend eine neue Ausrichtung und Einstellung brauchte (das Lenkrad war falsch herum) und langsam schaltete. Ich war kurz davor ihn zu kaufen, bis mir Angie bei der Heimfahrt erzählte, sie habe ein schlechtes Gefühl bei dem Auto. Die Gegend, in der wir waren, ist bekannt für die dort lebenden Gypsies. Wer schon mal auf TLC die Sendung „My Big Fat Gypsie Wedding“ gesehen hat, hat vielleicht sogar mit Glück diesen Teil von Princeton schon gesehen, da die meisten Folgen dort gedreht worden sind.

Nach ein paar Tagen hielt mir Angie ihr Handy unter die Nase. Auf den Fotos ein 2006er Buick Lucerne in Gold. Im ersten Moment nicht so ansprechend, da ich ja eigentlich ein großes, aufgeblasenes Auto wollte. Aber es schadet ja nicht, einfach mal kucken zu gehen. Standort von diesem Auto war ein Vorort von Christiansburg, also sind wir wieder nach Virginia gefahren. Als ich dann den Buick gesehen habe, dachte ich mir nur eins: wenn er jetzt nicht zu teuer ist, nehme ich ihn direkt. Es stellte sich heraus, das er für $3.850 zum Verkauf stand. Der Verkäufer war sehr nett, das Auto hatte zwei ältere Veteranen als Vorbesitzer und unter 110.000 Meilen auf dem Tacho. Da sein Vater, der letzte Besitzer, kürzlich verstorben war, braucht er das Auto nicht mehr. Nach einer Probefahrt habe ich mich dann für den Buick entschieden.

2006er Buick Lucerne CXL – ein Fahrzeug um Staatsbeamte rumzukutschieren

Am Tag darauf bin ich also mit Angie in die Bank gestiefelt, habe einen Scheck ausstellen lassen und sind das Auto abholen gefahren. Und wie haben wir das Auto von einem Staat in den anderen überführt? Ja ganz einfach: Angies Nummernschilder abgeschraubt und auf die Hutablage vom Buick gelegt. Zwar nicht wirklich legal aber günstiger als einen Autotransporter zu mieten. Susan, eine Kollegin und gute Freundin von Angie, hat uns mit ihrem Mann nach Virginia gefahren. Angie hat den Buick dann nach Hause gefahren. Und da stand er erst mal für zwei Wochen.

Ich bin Sissi und das ist Franz

Und warum habe ich das schöne fast neue Auto da jetzt stehen lassen? Ich habe keine günstige Versicherung für das Auto bekommen. Außerdem hatte ich zum Zeitpunkt des Autokaufs noch keine sogenannte Social Security Number (SNN) und viele Versicherer haben mir dann Preise wie $216 im Monat genannt weil ich keinen Führerschein aus West Virginia habe. Die ganzen Jahre die ich in Deutschland schadensfrei gefahren bin werden nämlich nicht anerkannt. Angie hat dann bei ihren Bekanntenpreisen etwas rumgefragt und schließlich habe ich endlich eine Versicherung für unter $130 pro Monat gefunden.

Der Buick heißt Franz, nicht das Reh

Am gleichen Tag habe ich dann den Buick mit einem temporären Kennzeichen angemeldet. Für das richtige Kennzeichen habe ich dann doch etwas mehr Geld ausgegeben und mich für eine Special License Plate entschieden mit einem Hirsch darauf. Und personalisiert habe ich sie auch. Man könnte fast meinen, das Reh auf der License Plate heißt so, aber nein. Der Buick hat den Namen Franz bekommen, obwohl er übergangsweise Sir James hieß. Das war aber leider zu lang für das Personalisieren. Da die License Plates in West Virginia generell von Gefängnisinsassen hergestellt werden, dauert es aber noch ein paar Wochen, bis ich Franz mit seinem neuen Namensschild schmücken kann. Bis dahin habe ich ein temporäres Kennzeichen aus Papier bekommen. Außerdem habe ich mir vorgenommen, beide Tests für den neuen Führerschein zu schaffen, damit auch das endlich erledigt ist und meine Versicherung noch etwas günstiger wird.

Die erste Fahrt mit Franz war mit Angie zusammen zu Walmart, einkaufen gehen. Danach bin ich dann auch noch zu Chick-fil-a gefahren, eins der beliebtesten Fastfoodläden in ganz Princeton. Und was soll ich sagen, die Schüler hatten Recht, es ist wirklich gut und wird wahrscheinlich meine neue Sucht sein. Falls jemals so einer in Deutschland aufmacht: Geht dort hin, es ist so gut!

Franz lässt sich im Allgemeinen wirklich super fahren und ist bis jetzt das luxuriöseste Auto das ich je besessen habe. Welche Abenteuer Franz und mich erwarten, kann man dann in den nächsten Blogbeiträgen lesen. 🙂

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