So ziemlich jeder in meiner Familie denkt, das ich wegen dem ganzen Fastfood in Amerika etwas an Gewicht zulegen werde wenn ich wieder nach Hause komme. Da ich aber keine Lust habe, diese Wette zu verlieren (und mir auch keine neue Motorrad Kombi kaufen will), habe ich mich nach sportlichen Alternativen umgesehen.

Meine Gastmutter hatte eventuell angedacht, dass wir uns im örtlichen Fitnessstudio einen Familienvertrag machen könnten, da sie auch gerne wieder Sport machen möchte um ein paar Kilos zu verlieren. Dann gab es aber eines Abends eine Begegnung mit jemanden, die mich auf eine Idee brachte. 

Die Concord University hat in der ersten Woche viele Aktivitäten angeboten, die man nutzen kann um neue Leute kennen zu lernen. Da gab es unter anderem das Blacklight Bingo, Lasertag, einen Mentalist und einen Comedian und fast überall hat man gratis T-Shirts bekommen. Yara und ich haben an den meisten Aktivitäten teilgenommen. Am meisten hat mich das Blacklight Bingo interessiert. Und nein, Bingo ist nichts für alte Leute, das war bei weitem das bestbesuchte Event von allen mit der besten Stimmung. Es gab Pizza sowie Getränke und einen Haufen Preise zu gewinnen. Der Hauptgewinn war ein Fernseher und eine Nintendo Switch. Ich hatte nicht das Ziel den Fernseher zu gewinnen, ich wollte eigentlich nur das eine Klamottenbündel mit Concord Pullovern gewinnen.

Wir haben uns dann zu zwei Mädels an den Tisch gesetzt und uns mit ihnen angefreundet. Taylor und Lilly sind beide schon das zweite Jahr hier und konnten uns ein paar Fragen beantworten. Auf einmal stand ein platinblondes, kleineres Mädchen am Tisch und lachte uns an Taylor stellte sie uns als Madison vor. Madison ist bei den Cheerleadern und wollte nur kurz Hallo sagen zu Taylor. Als ich sie sah, brachte mich das auf eine Idee.

Blacklight Bingo Night

Als sie wieder ging und sich an den Tisch von den Cheerleadern gesetzt hatte, beugte ich mich zu Taylor und fragte sie, ob man denn das Cheerleading mal ausprobieren könnte. Sie meinte klar doch, und Yara hielt mir sogleich einen Screenshot unter die Nase von der Concord Cheerleading Instagram Seite. In ein paar Wochen seine offizielle Tryouts. Alles was man bräuchte, wäre ein aktueller „Physical“, also ein Sporttest, und einen Versicherungsnachweis. Das kann ja nicht so schwer sein, dachte ich mir. 

Nachdem wir bei den ersten Preisen vom Bingo übrigens kein Glück hatten, meinte Yara nach ein paar Runden plötzlich „Leute ich glaube ich habe ein Bingo…“ was ich erst gar nicht glauben konnte, aber es stimmte! Wir alle riefen wie wild „Bingo! Wir haben ein Bingo hier!!“ und Yara wollte erst nicht vor den ganzen Leuten aufstehen und sich ihren Preis (das Pulloverpaket) abholen gehen. Erst mit Taylor ist sie dann vor und hat sich ihren Gewinn abgeholt. 

Ein bürokratischer Marathon

Einen Physical zu absolvieren und einen Versicherungsnachweis zu erbringen sollte ja nicht so schwer sein. Hätte ich vorher gewusst, auf welchen Akt ich mich da eingelassen habe, hätte ich es wahrscheinlich gelassen. Aber von vorne. 

Ich hatte für den Freitag, an dem das erste Tryout war, einen Termin ausgemacht beim campuseigenen Health Care Centre. Davor hatte ich am Mittwoch einen Termin gleich in der früh im Keller des Sportcenters. Dort musste ich meine Körperliche Fitness unter Beweis stellen mit einfachen Übungen. Aber nicht nur das, ich musste außerdem beweisen, dass ich keine Gehirnerschütterung habe. Dies war ihnen besonders wichtig und wurde auch mit ein paar Übungen überprüft. Als ich das erledigt hatte, musste ich also theoretisch nur noch am Freitag zum Arzt und könnte abends an den Tryouts teilnehmen. Also bin ich freitags motiviert zum Arzt gestiefelt. Nachdem ich dort meinen Versicherungsnachweis abgegeben habe, war ich eigentlich optimistisch. Bis es hieß, sie machen jetzt ein EKG und nehmen Blut etc., weil ich bin ja neu und sie haben noch keine Aufzeichnungen von mir. Die Blutergebnisse würden aber erst am Montag eintreffen.

Die Ärztin versicherte mir jedoch, das ich auf jeden Fall an den Tryouts teilnehmen kann. Deswegen ging ich in voller Sportmontur zu den Tryouts am Abend. Es stellte sich heraus, dass die Ärztin der Coach, ihr Name ist Jessica Lilly, nicht bescheid gegeben hat. Coach meinte, bevor die Blutergebnisse nicht da sind, kann ich nicht mitmachen. Also schaute ich den Mädels bei ihrem Warm-Up, Stretching, Stuntübungen und Tanzproben zu. Im großen und ganzen kann ich mir schon vorstellen, das auch zu machen. 

Über das Wochenende habe ich dann geduldig gewartet. Am Montag Abend bin ich wieder zum Training gegangen, und Überraschung, ich durfte wieder nicht mitmachen. Ich musste bei einer gewissen Allison antreten, ein Stockwerk unter dem Tanzstudio. Diese meinte zu mir sie hat alle Ergebnisse von der Ärztin bekommen, ich müsste jetzt nur noch zehn Dokumente online ausfüllen nachdem ich mich im System registriert habe. Dieses mal müsste ich bei ihr nochmal online einen Test machen, der eine Gehirnerschütterung nachweisen soll. Außerdem bräuchte sie auch den Versicherungsnachweis, den ich zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht dabei hatte, da ich ihn ja bereits beim Health Center vorgelegt hatte. Also habe ich mich von einer recht verwunderten Angie wieder abholen lassen. Ich wollte nicht nochmal einfach dasitzen wollte und zuschauen.

Daheim habe ich mich also durch den ganzen Papierkram gekämpft, den man als Concord Athlet ausfüllen muss. Den Versicherungsnachweis habe ich Allison gemailt und den Gehirnerschütterungstest am nächsten morgen im Konferenzzimmer des Department of Business gemacht. Zwischendurch habe ich mich dann schon gefragt, ob es den ganzen Aufwand denn auch Wert ist, Cheerleading nur mal auszuprobieren. 

Dieses Mal ging ich gleich Vormittags zu Allison um mich nochmal zu versichern, dass nun alles da ist und ich endlich an den Tryouts teilnehmen kann. Sie bejahte, gab mir eine Gatorade Trinkflasche (die bekommen alle Concord Athleten) und versicherte mir, Coach gleich eine Nachricht zu schreiben, dass ich nun endlich „clear“ bin. 

Das Training

Alle guten Dinge sind drei. Also konnte ich heute Abend endlich am Training teilnehmen. Ich muss zugeben, wer jemals behauptet hat, Cheerleading sei nicht anstrengend, der liegt zu 1.000% falsch. Man muss nicht nur beweglich sein, sondern auch Ausdauer haben, eine gesunde Portion Körperspannung und Kraft in Beinen und Armen haben. Im Training habe ich mich sehr bemüht einen guten Eindruck zu machen und habe seit ca. fünf Jahren das erste Mal wieder einen Handstand gemacht und ein Rad geschlagen. Als es dann aber zu Übungen wie Flickflack, Salto und Schraube überging, konnte ich nicht mehr mithalten. Ich hatte mich so sehr angestrengt, dass ich von diesem Tryout eine ganze Woche so einen starken Muskelkater hatte, das ich nicht mal mehr richtig die Treppen rauf oder runter laufen konnte. Aber Pausen unter der Woche gibt es beim Cheerleading nicht wirklich, nur am Sonntag. Manchmal wird auch zweimal pro Tag trainiert.

Concord Mountain Lion

Ich hatte nach dem Training leider meine Maske vergessen, weswegen ich mit schmerzenden Beinen nochmal zurück ins Tanzstudio gelaufen bin und eine Konversation der Cheermädels mit anhörte. „Was denkt ihr von den beiden Neuen?“ „Die beiden sind so gut und strengen sich wirklich an!“ auf einmal entdeckten sie mich als ich in die Halle huschte und meinten zu mir „Wir haben gerade über euch geredet! Ihr seid wirklich gut gewesen heute!“ ich bedankte mich, schnappte mir meine Maske und verschwand wieder Richtung Student Center, weil Yara und ich uns dort mit Taylor zum Volleyball spielen verabredet hatten. Es stellte sich heraus, dass nach Cheer Practice es keine ratsame Idee war, noch eine Stunde Volleyball zu spielen. Das ganze hat sich sehr negativ auf meine Beinmuskulatur ausgewirkt. 

Nach einem Weiteren Tryout am nächsten Tag, bei dem ich mich jedoch nicht so gut präsentieren konnte, hieß es dann trotzdem von Coach „Welcome to the Team, Lea!“ 

Der Muskelkater war erst am Ende der Woche weg. Das tägliche trainieren ist schon anstrengend, aber es wird sich auszahlen. Hoffe ich. Ab und zu gibt es auch Team Workouts oder Workouts, die man mit einem Beweisbild selbst machen muss. Zum Beispiel sollte ich am Samstag eine Meile selbst auf dem Laufband laufen. War wirklich spaßig mit Muskelkater in den Beinen. Draußen läuft man übrigens nicht, da hat man nämlich keine Klimaanlage.

Allgemein sieht man außer die Athleten eigentlich selten jemanden draußen laufen oder spazieren gehen (obwohl die Landschaft wirklich schön ist). Die Leute aus West Virginia lieben ihre Autos und fahren selbst kleine Strecken um den Block mit ihren riesen Pick Ups oder SUVs. Wird zeit, dass ich auch mal bezüglich eines Autos nachdenke. Wie es weiter geht mit dem Autokauf, kann man im nächsten Blog lesen. 🙂 

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