
Die Instagram-Timeline ist zum dritten Mal durchgescrollt, die E-Mails sind erneut gecheckt, bei WhatsApp wurde allen Chats geantwortet und man stellt fest, dass man sonst irgendwie nichts zu tun hat. Es ist Freitagabend 19 Uhr, jetzt geht die Woche doch eigentlich erst richtig los müsste man meinen. Und stattdessen sitze ich hier, tippe ein paar Wörter in meinen Computer und bin auf der Suche nach einem Weg mit einem Problem fertigzuwerden, das die meisten unter uns kennen: Einsamkeit.
Genau deshalb gibt es heute zur Abwechslung mal etwas aktuelles auf diesem Blog, weil es mir gerade eben so ergeht. Ich will die Lage jetzt auch gar nicht dramatischer darstellen als sie ist, denn im Großen und Ganzen geht es mir wirklich gut, aber ich habe mich dann doch schon öfter hier in den USA einsam gefühlt und ich weiß bis heute nicht so wirklich, wie ich damit umgehen soll.
„Ich habe mich schon öfter hier in den USA einsam gefühlt und ich weiß nicht wirklich, wie ich damit umgehen soll.“
Das ein einjähriger Auslandsaufenthalt kein einfaches Zuckerschlecken wird, war mir von Anfang an klar. Man ist eben in der neuen Umgebung erstmal auf sich alleine gestellt und muss seine eigenen Herausforderungen lösen. Dazu gehört die anspruchsvolle Situation, sich in einem neuen Land in einer fremden Sprache irgendwie zu integrieren, trotz kulturellen und sozialen Unterschieden. Und so allgemein gesehen ist mir das auch einigermaßen gut gelungen, man versteht sich mit den Klassenkameraden am College, freundet sich mit anderen PPPlern an, kommt mit den Arbeitskollegen klar und auch in der Gastfamilie ist immer etwas geboten.
Und doch gibt es auch immer wieder Situationen, wo niemand da ist und man sich allein gelassen fühlt. Leider reden nur die wenigsten darüber, obwohl ich glaube, dass es vielen schon einmal ähnlich ergangen ist. Mit diesem Gefühl kann man klarkommen, aber die Stimmung kann auch schnell umschlagen und man ist frustriert. Das passiert bei mir vor allem dann verstärkt, wenn man in den sozialen Medien sieht, wie alle Leute scheinbar Spaß haben oder, wenn man weiß, dass andere Personen gerade eine gute Zeit haben. Ich gönne es ja auch jedem Einzelnen sein Leben zu genießen, aber das macht die eigene Situation nicht unbedingt besser.
„Hier im Ausland geht man nicht einfach mal so abends alleine weg.“
Ich denke, es ist schon ein Unterschied, sich in seiner Heimat in Deutschland so zu fühlen (was dort natürlich seltener vorkommt) oder im Ausland, wie aktuell bei mir. Zuhause ist die Umgebung vertraut, man findet schnell bei Nachbarn, Verwandtschaft oder Freunden Anschluss, oder man kann sich selbst im gewohnten Umfeld beschäftigen. Aber hier im Ausland? Man geht nicht einfach mal so abends alleine weg in eine Bar oder ins Kino und die Anzahl an bekannten Gesichtern hält sich auch in Grenzen. Und was macht man dann, wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind und keiner mehr antwortet oder Zeit hat? Richtig! Dann denkt man darüber nach, was man falsch gemacht hat – obwohl man manchmal gar nichts falsch gemacht haben muss.
Bei mir war es heute eben so, dass ich frei hatte und nicht arbeiten musste. Dementsprechend motiviert bin ich auch in den Tag gestartet. Ich bin früh aufgestanden, habe die Wäsche gemacht und bin zum Einkaufen gefahren. Danach ist es mittags zum Friseur, anschließend ins Fitnessstudio und danach zum Kaffeetrinken gegangen. Alleine. Soweit so gut. Aber dann sitzt man da so, schaut zum Fenster raus, es beginnt zu regnen, die Zeit vergeht und die Stimmung schlägt um…
Und natürlich merkt man, was einem fehlt: Eine Person, eine Gruppe oder einfach nur ein Ort, wo man hingehen, eine gute Zeit haben kann und sich immer gut aufgenommen fühlt. In 90 Prozent aller Fälle habe ich das auch, aber diese anderen 10 Prozent können teilweise ganz schön hart sein. Der Mensch ist einfach ein Wesen, das in gewisser Weise nach Gesellschaft und sozialen Kontakten strebt – da kann man noch so gerne etwas alleine machen oder eigenständig sein.
„Es gibt immer Höhen und Tiefen, das gehört zum Erlebnis hier dazu.“
Ich würde meine Zeit viel lieber anders verbringen und nicht am Freitagabend hier auf meinem Bett sitzen und diesen Blogartikel schreiben. Mittlerweile ist es schon 21 Uhr und ich weiß immer noch nicht so wirklich, was ich anstellen soll. Das ist echt demotivierend, weil mir das jetzt schon ein paar Mal so ergangen ist…naja immerhin hilft das Schreiben, um die Gedanken loszuwerden.
Was ich mit diesem Beitrag eigentlich sagen will: Auch wenn auf den Bildern und Videos immer alles nahezu nach dem perfekten Leben aussieht – es ist in Wirklichkeit nicht immer so. Es gibt immer Höhen und Tiefen, das gehört zum Erlebnis hier dazu und daran wächst man wahrscheinlich auch. Und es werden ganz bestimmt auch wieder bessere Zeiten kommen. Aber weil ich auf diesem Blog ja ehrlich und wirklichkeitsnah berichten möchte, teile ich eben auch solche Storys mit euch.
In diesem Sinne: Fühlt euch zumindest ein bisschen mit mir verbunden, wenn ihr das lest.
Euer Moritz
Hey Moritz,
wollte dir nur sagen du bist nicht alleine mit deinem Gefühl! Ich weiß genau wie du dich fühlst. Besonders jetzt seit Jahresbeginn besteht das Leben irgendwie nur noch aus Arbeiten, Wäsche machen, Schlafen, Essen und dann alles wieder von vorne. Wo man in Deutschland am Wochenende noch einen Ausgleich hatte, weil man etwas mit Freunden machen konnte ist jetzt…nichts. Es fühlt sich am Wochenende manchmal so an als ob man nur seine Zeit aussitzen würde.
Was mir hilft ist einfach der Ausblick auf die kommende Zeit und die Reisen und Unternehmungen, dir noch geplant sind. Und nebenbei halte ich wirklich sehr viel Kontakt mit Freunden aus Deutschland.
Ich hoffe du hast noch ne gute Zeit!
Dieses Gefühl hat man auch zu Hause, zwar nicht so oft, aber auch mir ist es schon so ergangen. Du weißt ja dass ich im Vorruhestand bin, während meine Familie noch arbeitet. Ich versuche mir dann neue Aufgaben zu stellen z.B. Englisch zu lernen, oder die 2te Mannschaft zu trainieren:-)
Mein Tipp an Dich wäre, mach Dir ein Massband für die restliche Zeit in den USA und freue Dich auf die Rückkehr zu deiner Familie und deinen Freunden
Hallo Moritz. Ich habe obiges gelesen und will dich weng aufmuntern. Wir denken an dich und freuen uns auf deine Rückkehr. Ich glaube, dass es immer mal so trostlose Tage geben wird und gehört wohl auch zum Leben. Das zeigt einem dann was eigentlich Sehnsucht nach Heimat und Familie bedeutet. Du bist mutig genug gewesen und hast doch schon einiges gesehen in dieser langen Zeit und viel erlebt, was ich dir voll gönne. Ich hätte es mir wohl nicht zugetraut,so lange von daheim weg zu bleiben. Aber deine Erfahrung in Amerika kann dir niemand mehr nehmen und ist auch bestimmt förderlich für deine berufliche Zukunft. Also Moritz halt durch😁 du schaffst das. Und wenn du es nicht mehr willst dann flieg einfach 🌍✈️wieder heim. Dahoam ist dahoam 🏠. Wir denken an Dich. Ganz liebe Grüße aus Nankendorf von Deiner alten Tante Mary und Uwe.
Hallo,
hört sich nicht einfach an, kann ich aber nachvollziehen, been there, too.
Was vielleicht hilft ist nach vorne schauen, PPP’ler in den USA treffen(virtuell oder real), Kurztripps unternehmen oder planen. Es gibt Möglichkeiten. Oder aber die Zeit nach dem PPP-Jahr planen(auch sehr wichtig). Sich überlegen, was man im USA-Jahr noch vorhat oder unternehmen möchte. Sich klarmachen das die eintönige Zeit eines Tages vorüber sein wird.
Je länger man in den USA ist, desto mehr entstehen vielleicht auch lokale Netzwerke die man nutzen kann. Für weitere Auskünfte stehe ich gerne bereit.
Alles Gute für dich !!