Als Brauer mit dem Parlamentarischen Patenschafts-Programm ein Jahr in den USA

Kurze Trips und lange Läufe

April und Mai waren sehr kurzweilig. Die Heimreise rückt rasend schnell immer näher und näher und nebenbei konnte ich noch ein paar richtige Highlights genießen.


Ein Kurztrip führte mich Anfang April für ein langes Wochenende nach Seattle. An einem Donnerstagabend ging es nach der Arbeit mit dem Zug 14 Stunden durch die Nacht und den nächsten Morgen in die größte Stadt Washingtons.

Rechts im Bild ist das von Frank Gehry entworfene Museum of Pop Culture. Meiner Meinung definitiv einen Besuch wert, besonders wegen der Ausstellungen zu Seattles musikalischem Stolz: Jimi Hendrix und Nirvana
Wie immer habe ich viel und gut gegessen. In diesem Fall wurde eine Chowderverkostung durchgeführt. Chowder ist eine amerikanische Fischsuppe, die es in vielen verschiedenen Varianten gibt. Mir haben alle geschmeckt.
Zahlreiche Biere wurden natürlich ebenfalls verkostet. Besonders herausgestochen ist dabei „Fair Isle Brewing“, die ausschließlich Saisons und Farmhouse Ales brauen und mit ihrer eigenen und wilden Mischkultur vergären. Absolut einen Besuch wert. Eine der inspirierendsten Brauereien, die ich bisher besucht habe!
Hauptgrund der Reise war ein NHL-Spiel der Seattle Kraken anzusehen. 17.500 Menschen passen in die niegel-nagel-neue Arena. Ein tolles Erlebnis.

Oarscheim macht auch in Montana Spaß

Gute drei Stunden süd-östlich von Columbia Falls, auf der anderen Seite der Rockies, am Rande des rund 100 Seelen Dorfes Power liegt die Pfeifle Farm. Aber Ryan, die aktuelle Generation, ist nicht nur ein Farmer, der Weizen, Gerste, Kichererbsen, Linsen und mehr anbaut, sondern er ist auch ein ganz besonderer Mälzer. Rund 80% unseres Malzbedarfs bei Backslope können wir regional von ihm beziehen.

Ryan hat natürlich nicht Mälzer gelernt, eigentlich ist er Maschinenbauingenieur. Nach seinem Uniabschluss hat er erst einmal acht Jahre in der Halbleiterbranche gearbeitet. Beruflich verschlug es ihn dann für ein Jahr nach Schottland und dabei entdeckte er seine Begeisterung für die europäischen Bierkulturen. Nachdem er später die heimische 4000 ha Farm übernommen hat und Hobbybrauer wurde, hat er sich irgendwann gefragt, wie das denn eigentlich wäre die eigene Gerste selbst zu vermälzen…

Aus einem alten Keg hat er sich eine Malztrommel gebaut, natürlich automatisiert. Im Bild links ist Darin, mein Chef, und rechts Ryan.
Aus zwei Spülbecken hat er eine Darre gebastelt.

Nach einigem Experimentieren konnte er dann Bier mit Malz aus seiner eigenen Gerste brauen. Allein von diesen zwei Gerätschaften wäre ich schon leicht zu begeistern. Aber der eigentliche Knaller kommt noch.

Ryan hat hier nämlich nicht aufgehört, sondern das Ganze professionalisiert und komplett eigenhändig über vier Jahre eine größere Malztrommel entwickelt und gebaut!!!

Damit produziert er nicht nur hervorragende Standardmalze (Pilsner, Münchner, Wiener…), sondern experimentiert z.B. auch mit Hartweizen, sechszeiliger Gerste, die er sich erst wieder aus einer Samenbank besorgen musste, und mehr.

Besonders gern verwenden wir bei Backslope ein sehr dunkles Spezialmalz, dass 24 h geschwelkt, dann aber nur bei 85 °C abgedarrt wurde. Damit kann man tolle Aromen von Trockenfrüchten ins Bier bringen.

Mit diesen Malzen zu arbeiten und die Gelegenheit diese faszinierende Farm/Mälzerei zu besuchen war definitiv eines DER Highlights meines USA Jahres. Was für ein tolles Projekt! Für Interessierte hier der Link zur Website von Farm Power Malt: www.farmpowermalt.com

In wenigen Wochen ist übrigens der Spatenstich für Ryan’s nächste verrückte Idee. Gemeinsam mit Tomás, einem 20-Jährigen Argentinier, dessen Familie in Patagonien eine Whisky Destillerie betreibt, baut er jetzt in Power, mitten in der Pampa, auch eine Destillerie, um dann Montana Single Malt Whisky komplett aus eigener Gerste herzustellen. Er kommentiert das nüchtern mit „Everyone in Power thinks I’m nuts, but that’s all right!“

Darin kann das hier zwar nicht lesen, dennoch: Danke für den lässigen „business trip“ zu Ryan’s Farm mit anschließender Bartour durch Great Falls!


Letzte Woche stand dann endlich der Marathon an, für den ich das letzte halbe Jahr trainiert habe. Alles hat nach Plan geklappt, mit einem 26. Platz von rund 150 Startern bin ich sehr zufrieden und auch mein persönliches Zeitziel von unter vier Stunden konnte ich erreichen. Jetzt freue ich mich wieder auf meine Radl dahoam, so ganz das meine ist das Laufen nämlich nicht.


Der „Zehn Gebote Park“ in Columbia Falls ist ein sehr amerikanischer Ort.

Greetings from Ten Commandment Park in beautiful Columbia Falls, MT