Ein paar Eindrücke nach 6 Monaten in den USA – Wie mein Leben hier aussieht und inwiefern es sich von Deutschland unterscheidet.
Ich glaube bei dem Gedanken an die USA, haben die meisten Leute Bilder von Metropolen wie Los Angeles, Nationalparks wie dem Grand Canyon oder Monumenten wie der Freiheitsstatue im Kopf. Kaum jemand denkt dabei an den mittleren Westen. Missouri? St. Louis? Kann man das essen?
Zugegeben, anfangs war ich skeptisch was mich dort erwarten würde. Aber dank meiner wunderbaren Gastfamilie, anderen Teilnehmern die zu Freunden wurden und einer unglaublichen amerikanischen Gastfreundschaft ist St. Louis mittlerweile eine zweite Heimat.
Grundlegend kann man sagen, dass die USA begeistern und irritieren. Gleichzeitig. Einiges gefällt mir sehr, wobei auch vieles in Deutschland besser funktioniert. Ich bin mir sicher, dass andere Teilnehmer mit Platzierungen in beispielsweise New York, Kalifornien oder gar Alaska die USA anders wahrnehmen als ich, weil sich dieses Land aufgrund der schieren Größe von Staat zu Staat stark unterscheiden kann.
Worin Einigkeit herrscht ist beim Support der jeweiligen Sportteams. In nahezu jeder Bar laufen Fernseher mit irgendeinem Sport – Baseball, Football, Basketball… egal, Hauptsache Sport.
Wahnsinnig groß ist dabei die Identifikation mit dem heimischen Team. Ganz besonders im Sommer (Baseball Season) findet sich überall Merchandise von den St. Louis Cardinals, Winter und Frühling (Hockey Season) ist die Zeit der St. Louis Blues. Wer die Geschichte der Rams kennt, versteht warum American Football hier leider einen wunden Punkt trifft. Die Kansas City Chiefs sind das nächste was man „unser Football Team“ nennen könnte.
Ganz besonders faszinieren mich die Ice Hockey Spiele der St. Louis Blues, welche wir regelmäßig im Stadion anfeuern. Vor jedem Anpfiff wird eine Person, meistens Feuerwehrler, Polizeibeamte, Soldaten oder Krankenpfleger als Hometown-Hero geehrt. Meiner Meinung nach könnten wir von dieser öffentlich dargebrachten Wertschätzung für Menschen, welche der Allgemeinheit dienen, noch etwas lernen. Und nach der Nationalhymne „For the land of the free, and the Home of the BLUES!” OMG – geht das ab im Stadion! Über ein Soundsystem, für Konzerte designt, läuft regelmäßig Musik welche die Sitze vibrieren lässt. Bei Songs wie „Take me home, country roads..“ stimmen tausende Menschen mit ein. Und wenn die Blues gewinnen, fühlt man sich wie auf einer Party. LET’S GO BLUES!!
Wer den nächsten Tag frei hat, genießt wahrscheinlich ein reiches amerikanisches Frühstück. Meist wesentlich deftiger, als man das in Deutschland gewohnt ist. Wer mich kennt, weiß wie gerne ich diese Mahlzeit zelebriere – was hier besonders gut funktioniert. Ob Pancakes, Omelette, Spiegelei, Bacon oder French Toast, einfach wunderbar. Richtig gutes Frühstück gibt es beispielsweise bei IHOP. Wer schon einmal im “International House of Pancakes” war, findet kulinarische Wunder wie Chocolate Chip-, Double Blueberry-, oder New York Cheesecake Pancakes. Quasi Pfannkuchenhimmel.
Ein weiterer meiner Lieblingsorte ist Spencer’s Grill, ein amerikanisches Lokal wie aus dem Bilderbuch. Gute Pancakes, klasse French Toast und eine geile Atmosphäre. Und die Lage? Natürlich an der legendären Route 66. Mein Gastbruder Spencer hat hier mal ein Essen kostenlos bekommen – Ist ja schließlich sein Grill oder?
Und dann wäre da noch das Waffenthema. Missouri ist großteils ein tiefroter, Republikanischer US-Bundesstaat, was relativ lockere Waffengesetze bedeutet. Während meiner Collegephase hatte ich dem Thema noch nicht besonders viel Beachtung geschenkt, aber seit meinem Arbeitsbeginn in einem Unternehmen für Maschinenbau bin ich von „gun enthusiasts“ umgeben. Zweiter Verfassungszusatz, Freiheit oder Selbstschutz sind Argumente die mir häufig begegnen. In Gesprächen, sobald das Thema erstmalig aufkommt, werde ich oft schockiert. Beispielsweise wenn mir ein Kollege erzählt, in welchem Alter er das erste Mal am Schießstand war.
Im Gegenzug schockiere ich sehr häufig Amerikaner, sobald wir das Thema Alkohol zu sprechen kommen: „What you can drink with 16?? I can’t imagine going into a bar that is full of Teenagers!” Auch das wir Straßen ohne Tempolimit haben, empfinden viele als total verrückt.
So normal wie das für uns sein mag, ist für diese Leute jedenfalls der Umgang mit Waffen. Wer damit aufwächst und früh über Waffensicherheit aufgeklärt wird, hat sicher eine andere Wahrnehmung diesbezüglich. Leider ändert das nichts an der traurigen Realität, dass Schießereien oder bewaffnete Kriminalität hier keine Seltenheit sind. Ein schwieriges Thema, woran sich höchstwahrscheinlich auch in Zukunft nichts ändern wird.
Was denkt ihr darüber?